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Zum ersten Mal verlegt der Kölner Künstler Gunter Demnig in meiner Heimatstadt Eupen (B) Stolpersteine. Diese „Denkmale“ sollen an den Eupener Polizeikommissar Fritz Hennes und an die jüdische Familie Schalit erinnern. Der erste Akt der Verlegung fand somit am Sonntag, dem 20. Oktober 2013 vor dem Haus Simarstraße 124 statt. Hier lebte 1940 der Polizeikommissar Fritz (Friedrich) Hennes. Wie für einen Polizisten üblich, war er einer derjenigen, die für die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung in der Stadt zuständig waren. Und gerade in den Jahren nach der Installierung der Hitler-Regierung in Deutschland gab es da auch im eigentlich beschaulichen, seit 1920 definitiv belgischen Eupen, viel zu tun. Die aus dem Reich fremdgesteuerten Eupener Nazis, die damals im Stadtrat in der Mehrheit waren, provozierten die Behörden und Bürger anderer Gesinnung derartig, dass nun mal die Vertreter der belgischen Staatsmacht eingreifen mussten. Die hiesigen Hitleranhänger hatten einen regelrechten Hass auf Menschen wie den Polizeikommissar Hennes. Am 10. Mai 1940 griff die deutsche Wehrmacht Frankreich und die neutralen BENELUX-Staaten an. Der belgische Geheimdienst hatte Wind von dem bevorstehenden Einmarsch bekommen und gefährdete exponiert probelgisch-demokratisch und antinazistisch eingestellte Personen rechtzeitig hiervon unterrichtet, damit sie die Stadt verlassen konnten. Auch Polizeikommissar Hennes hatte in den frühen Morgenstunden des besagten Tages bereits in einem Auto gesessen, das ihn nach Innerbelgien in Sicherheit bringen sollte. Da er aber weder über Reisegepäck noch über ausreichende Geldmittel für eine längere Abwesenheit verfügte und eigentlich auch seine Familie mitnehmen wollte, verließ er das Auto nahe der Stadtgrenze, am Garnstock wieder. Wenig später waren die deutschen Soldaten bereits in der Stadt und ein Absetzen war jetzt nicht mehr möglich.
Im Morgengrauen hatten Eupener Nazis – auf diesen Tag vorbereitet und über den Einmarsch informiert - faktisch die Macht in der Stadt übernommen, einen ihrer Anführer zum neuen Bürgermeister erklärt und auch das Rathaus besetzt. Hier in seinem Büro wurde Fritz Hennes von den neuen Herrn – Eupener Mitbürgern und nicht deutsche Gestapo - gegen 9.30 an diesem 10. Mai erklärt, dass er seines Amtes enthoben und in „Schutzhaft“ genommen werde. Er gilt somit als der erste politische Gefangene des NS-Terrors 1940 in Belgien. Hennes wurde in das Schöffenzimmer eingesperrt, das sich zusehends mit weiteren Personen füllte, die wegen ihrer anti-nazistischen und probelgischen Haltung bekannt waren. Alle Festgesetzen hatten schreckliche Angst und fürchteten um ihr Leben. Die Bewacher waren äußerst aggressiv und noch zusätzlich wütend über den Tot des Eupener Paradenazis Josef Kerres. In der trügerischen Annahme, dass die belgischen Soldaten bereits die Stadt verlassen hatten, war Kerres in den Morgenstunden mit dem Fahrrad - auf dem Rücken eine an einer Bohnenstange befestigte Hakenkreuzfahne - im Triumph zur Kaserne gestrampelt und dort von einer Kugel tödlich getroffen worden. Nach und nach wurden die Festgenommenen aus der „Schutzhaft“ entlassen. Fritz Hennes kam am 18. Mai vermeintlich frei um dann am 14. Juni für 21 Tage von der Gestapo in Aachen und Prüm inhaftiert zu werden. Erneut am 4. November 1940 verhaftet, wurde er schließlich am 2. Weihnachtstag des gleichen Jahres von Aachen aus mit einem Gefangenentransport in das Konzentrationslager Sachsenhausen überstellt. Dort verstarb er am 9.4.1941 unter ungeklärten Umständen, angeblich an einer Blutvergiftung.
(Quelle: GrenzGeschichte.eu - Rundbrief Nr. 12, vielen Dank an Herrn Dr. Herbert Ruland).
Alessandra (Sandy) Wintgens, ist eine Ur-Enkelin von Fritz Hennes und trug bei der Verlegung einige persönliche Worte der Familie bei. Ihr Sohn ist im 5. Jahr an der Pater-Damian-Schule (PDS) in Eupen. Die Schülerinnen und Schüler mit ihrem Geschichtslehrer Guido Havenith und bei Unterstützung durch Frau Wintgens, die ebenfalls an der PDS unterrichtet, bereicherten die Stolpersteinverlegung durch eigene Beiträge.