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Das Unternehmen GREIF sollte in den Morgenstunden des 16. Dezember 1944 zeitgleich mit der Ardennenoffensive beginnen. Die Kampfeinheiten des Unternehmens Greif sollten Brücken und alliierte Nachschublager in den Ardennen erobern und bis zum Eintreffen der deutschen Frontverbände halten, falsche Befehle an US-Verbände ausgeben, Divisionsgefechtsstände ausschalten und auf jede weitere Art Verwirrung bei den Alliierten stiften. Ein spezielles Kommando sollte gar den Oberbefehlshaber der alliierten Truppen an der Westfront, General Eisenhower, "schnappen" und dies tot oder lebendig.
Der Einsatz hatte etwas mit Sabotage hinter den amerikanischen Linien zu tun. Schließlich tauchte SS-Obersturmbannführer Otto Skorzeny in Grafenwöhr auf. Der Wiener galt als Spezialist für Kommandounternehmen, seit er 1943 Mussolini aus der Haft am Gran Sasso ins noch faschistische Norditalien entführt hatte, wo er die Republik von Salo gegründete. Nun hatte Hitler dem Duce-Befreier das Kommando des "Unternehmens Greif" anvertraut. Die Wehrmacht sollte nach Hitlers großartigem Plan in den Ardennen die Front der westlichen Alliierten durchbrechen, die bereits an der deutschen Grenze standen, und dann in einem kühnen Umfassungsmanöver den feindlichen Streitkräften in den Rücken fallen.
Das "Unternehmen Greif", unter dessen Deckmantel das geheime "Kommando Eisenhower" lief, war dazu ausersehen, hinter den alliierten Linien durch gezielte Schläge Panik und Chaos hervorzurufen und die strategisch wichtigen Brücken über die Maas unzerstört in Besitz zu nehmen, um ein Vorstürmen der deutschen Divisionen entscheidend zu erleichtern. Das war aber nur zu schaffen, wenn sich Skorzenys Männer als Amerikaner ausgeben würden.
"Ich erteile Ihnen jetzt den wichtigsten Auftrag Ihres Lebens", hatte Hitler zu Skorzeny gesagt, ihm aber verboten, selbst an der Spitze seines Kommandos zu stehen: "Ich möchte auf keinen Fall, dass Sie riskieren, gefangen genommen zu werden." Auf dem Papier sah die neu aufgestellte "Panzerbrigade 150" beeindruckend aus: Sie umfasste unter anderem zwei Panzereinheiten mit je zehn amerikanischen Sherman-Tanks und dazu drei Aufklärungskompanien mit 30 US-Panzerspähwagen. Über 3000 Mann sollten teilnehmen. In aller Eile gingen Befehle an sämtliche deutschen Truppen, Skorzeny jegliches amerikanische Beutegut von der Uniformjacke bis zum Panzer und dazu die geeigneten Soldaten zur Verfügung zu stellen. Die Wehrmacht konnte aber lediglich zwei Sherman-Tanks auftreiben. Die Panzerbrigade 150 behalf sich, in dem sie deutsche Kettenfahrzeuge mit Blechaufbauten "umfrisierte". Ähnlich düster sah es mit dem übrigen amerikanischen Originalgerät vom Maschinengewehr bis zum Lkw aus.
"Vollends im Stich gelassen wurde ich allerdings, was die englischsprachigen Freiwilligen betraf", schrieb Skorzeny in seinen 1976 erschienenen Memoiren, "600 Freiwillige wurden von den Fachleuten auf Probe geschickt; wir fanden darunter zehn, die fließend Englisch sprachen, 40 einigermaßen, 150 waren fähig, sich verständlich zu machen, 200 radebrechten und 200 weitere konnten gerade yes oder no antworten." Die Elite der falschen Amerikaner - unter ihnen der Obergefreite Fritz Christ - war ausersehen, in kleinen Gruppen die eigentlichen Kommando-Aktionen im Hinterland durchzuführen. "Nach etwa fünf Wochen intensiver Ausbildung wurden wir Anfang Dezember in die Kleiderkammer geschickt", erzählt Christ. "Dort fanden wir jede Menge amerikanischer Uniformen in allen Größen vor. Jeder konnte sich bedienen und erhielt dann auch noch einen US-Ausweis. Der deutsche Obergefreite Christ wurde zum amerikanischen Oberleutnant Charles Smith aus Detroit." Man zeigte ihm sogar einen Plan der Autostadt, damit er sich seine angebliche Wohnadresse und die markantesten Punkte von Detroit einprägen konnte.
Für Christ gab es keinen Zweifel mehr. Er sollte als US-Soldat auf Zeit agieren. "Niemand sagte uns, dass es nach dem Kriegsrecht verboten ist, in der Uniform des Feindes zu kämpfen oder zu spionieren. Aber wir hatten auch so ein sehr mulmiges Gefühl bei dem Gedanken, mit der Waffe in der Hand als Amerikaner rumzulaufen." Insgesamt hatte man aber diese Art des Kämpfen von englischen Kommandos abgeschaut und das wurde auch den fragenden Soldaten mitgeteilt von den Ausbildern der Waffen SS. In seinen Erinnerungen verneinte Skorzeny, dass die Angehörigen des "Unternehmens Greif" als Amerikaner getarnt auf US-Soldaten schießen sollten. Skorzenys Männern war befohlen worden, sich im Fall eines Kampfes deutlich als deutsche Streitkräfte erkennen zu geben, wie es das Kriegsrecht vorschreibt. Lediglich zur ungehinderten Bewegung hinter den feindlichen Linien habe ihre Tarnung gedient. Das sei eine durchaus legitime Kriegslist. Tatsächlich hatten die Greif-Trupps deutsche Fallschirmjäger-Overalls dabei, die sie bei einem Zusammentreffen mit Amerikanern überstreifen sollten.
Schon am Tag nach der Einkleidung wurden die Männer nach Köln transportiert. Am 13. Dezember bezogen sie gut getarnt ein Biwak im Blankenheimer Forst. Am Abend des 15. Dezember 1944 erhielten die Kommandotrupps ihre Zyankali-Feuerzeuge. Außerdem amerikanische Konserven und Schokolade sowie neue Pfund-, Dollar- und Franc-Noten, die sie zerknittern sollten, damit sie gebraucht aussähen. Um 5.35 Uhr sollte die Ardennen-Offensive beginnen. Die meisten bestiegen am nächsten Morgen jeweils zu dritt oder viert US-Jeeps. Sie wussten nicht, dass dies ein böser Fehler war: Echte Amerikaner fuhren stets allein oder zu zweit. Außerdem hatten sie über die Scheinwerfer Tarnkappen mit schmalen Lichtschlitzen gezogen. Auch das war ein schwerer Schnitzer, der später zur Enttarnung eines Teams führen sollte. Die Jeeps der US-Soldaten fuhren entweder ganz ohne Licht oder mit voller Beleuchtung.
Dreißig Jahre später verneinte der 1975 verstorbene Otto Skorzeny in seinem Buch "Meine Kommandounternehmen", jemals eine Operation Eisenhower vorbereitet zu haben. Er habe das nur aus taktischen Gründen bestätigt. Denn er sei überzeugt gewesen, das Gerücht würde seinen Weg zu den Amerikanern finden und dort Verwirrung stiften. Am 18. Dezember, zwei Tage nach Beginn der Offensive, nahm die amerikanische Militärpolizei südlich von Lüttich die dreiköpfige Besatzung eines Jeeps fest. Dessen Fahrer hatte an einer Tankstelle "petrol, please!" verlangt. Dies wäre unter Engländern korrekt gewesen. In Amerika aber heißt Benzin "gas". Unter ihren amerikanischen Uniformen trugen die Männer deutsche Monturen. Beim Verhör sagte einer von ihnen aus, eine Spezialeinheit unter Skorzenys Führung solle General Eisenhower kidnappen oder ermorden und, wenn möglich, auch noch andere hohe Offiziere. Fünf Tage später wurden die drei Festgenommenen als Spione erschossen...
Nachdem die Amerikaner noch einen zweiten Jeep entdeckt hatten, gerieten sie in Panik. Sie glaubten, Hunderte von verkleideten Deutschen operierten hinter der Front. Tatsächlich hatten mehrere der Kommandos bereits einiges Chaos gestiftet. "Sie schossen Meldefahrer und Verbindungsoffiziere ab, spannten rote Bänder über die Straßen, um nicht existente Minenfelder zu markieren, steckten Benzin-Depots in Brand, selbst die Telefon- und Telegrafenleitungen, die die Hauptquartiere der Generäle Bradley und Hodges miteinander verbanden, wurden zerschnitten", so Janusz Piekalkiewicz in "Spione, Agenten, Soldaten", seinem Standardwerk über geheime Kommandos im Zweiten Weltkrieg.
In den nächsten Tagen sahen die Amerikaner in jeder Jeep-Besatzung, die sich merkwürdig benahm, verkappte Deutsche. Selbst General Omar Bradley, der eine ganze Heeresgruppe befehligte, musste bei Kontrollen nachweisen, wirklich aus den Staaten zu sein. Ihn fragte man nach der Hauptstadt von Illinois, nach dem Verein eines Footballstars und dem Namen des gegenwärtigen Ehemanns der Schauspielerin Betty Grable. (Den wusste er nicht, er durfte aber trotzdem passieren.). Wildeste Gerüchte machten die Runde. Der "Daily Telegraph" etwa berichtete, englischsprachige deutsche Frauen seien mit Dolchen bewaffnet hinter den amerikanischen Linien gelandet und hätten gestanden, es sei ihr Auftrag gewesen, US-Soldaten zu verführen und dann zu erstechen. Am meisten aber sorgte man sich um Eisenhower. Der Oberbefehlshaber fuhr normalerweise jeden Tag von seinem Wohnsitz St. Germain-en-Laye zum alliierten Hauptquartier Fontainebleau. In aller Hast wurde ein Oberst namens O. M. Smith, der Eisenhower ziemlich ähnlich sah, in eine Generalsuniform gesteckt. Er pendelte in den kommenden Wochen wild und auffällig zwischen St. Germain und Fontainebleau, um die deutschen Kommandos abzulenken...
Laut Wikipedia wurden fast 2.500 amerikanische Soldaten zu Unrecht als Deutsche festgenommen, doch später wieder freigelassen. Nur 13 tatsächliche deutsche Soldaten wurden an diesen Straßensperren gefangengenommen. Von ihnen wurden fünf Mann später wegen Sabotage hingerichtet. Sie hatten zwei Tage zuvor versucht, eine Brücke, die von den US-Truppen gehalten wurde, mit Panzerbeschuss unbenutzbar zu machen. Der Versuch war vereitelt worden. Bei dem Gefecht kamen acht Angreifer ums Leben. Die anderen gefangengenommenen Soldaten wurden in ein Gefangenenlager überstellt. Da trotz der Kommandoaktion ein Durchbruch am ersten Tag der Ardennenoffensive nicht gelang, schätzte Skorzeny die Operation als Fehlschlag ein.