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AM 16. DEZEMBER 1944 WURDE HIER ERBITTERT GEKÄMPFT
Schneebedeckt war das Gelände vor den Stellungen des Aufklärungszugs des 394. US-Infanterie-Regiments. Die Zwei- und Drei-Mann-Bunker wurden mit Tannenbäumen abgedeckt. Kurz zuvor war frischer Schnee gefallen, was die Stellungen auf natürliche Weise tarnte und sie fast unsichtbar machten. Es was bitterkalt, die Temperatur lag tagsüber bei minus 10 Grad Celsius und sank nachts auf minus 20 Grad Celsius. Die Schneehöhe war teilweise bis zu 10 Zentimeter angewachsen. Der eiskalte Nordwind trieb einen frierenden Nebel über das Gelände.
Der Einsatz des Aufklärungszugs des 394. US-Infanterie-Regiments, Teil der 99. US-Infanterie-Division, eine 18 Mann zählende Einheit unter Führung des 20-jährigen Leutnant Lyle Bouck jr. war ein Beispiel für eine Einheit, die den Deutschen große Schwierigkeiten bereitete und damit auch die deutschen Pläne des 16. Dezember 1944 völlig durchkreuzte. Der Aufklärungszug hatte seine zugewiesenen Stellungen seit dem 10. Dezember 1944 besetzt. Die kleine Einheit war außerhalb Lanzerath, auf einem Hügel im nördlichsten Teil des “Losheim Gap” (Losheimergraben) aufgeteilt. Am 16. Dezember 1944, nach einem schweren Artillerie-Überfall und dem plötzlichen Rückzug von einem nahe gelegenen Teil einer (eigenen) Panzerjäger-Einheit, befolgten die Männer des Leutnants Lyle Bouck jr. den Befehl, das Gelände um jeden Preis zu halten.
Leutnant Lyle Bouck jr., Kommandeur der Aufklärungszugs erzählt: “Morgens am 16. Dezember 1944 um etwa 05.30 Uhr erwachten wir durch einen plötzlichen Artillerieüberfall, der bis etwa 07.00 Uhr dauerte. Die Artillerie zielte schlecht, wir wurden nur davon aufgeweckt und es gab keine zerstörenden Auswirkungen. Durch die gut angelegten Stellungen gab es keine Verwundeten. Die Artillerie hatte unsere Verbindungen zerstört, nur unser Funkgerät funktionierte noch. Über Funk suchte ich Verbindung zum Hauptquartier und fragte an, was wir tun sollten. Ich erzählte, dass die Panzerjäger-Einheit sich schon zurückgezogen hatte. Die Antwort war laut und klar: ‘Das Gebiet halten um jeden Preis!’ Die erste Stunde nach der Beschießung tat sich nichts. Auf einmal sahen wir eine Gruppe Soldaten in Richtung Lanzerath marschieren. Dies wurde zum Hauptquartier gemeldet und ich fragte um Erlaubnis für einen Verzögerungskampf gegen die Deutschen. Unser Hauptquartier meldete: Bleiben sie auf ihrem Posten, Verstärkung vom III. Bataillon, das bei Buchholz in Reserve liegt, ist unterwegs (die sind aber nicht gekommen). Auf Grund des effektiven Widerstands der Männer von Lyle Bouck jr. mussten sich die Deutschen schon bald wieder zurückziehen.
Leutnant Lyle Bouck jr. erzählt weiter: “Nachmittags kam ein zweiter Angriff; auch dieser wurde mit viel Mühe abgewehrt. Nach eine Lagebesprechung stellte ich schon bald fest, dass es nicht so gut aussah; wenig Munition, einige Verwundete und die Angst, dass wir bei einem dritten Angriff mehrere Opfer haben würden. Tatsächlich gab es am Nachmittag einen dritten Angriff, der auch abgewehrt wurde. Wir hatten fast keine Munition mehr. Den nächsten Angriff würden wir nicht überleben. Plötzlich, und keiner weiß von welche Seite sie kamen, wurde der gesamte Zug durch die Deutschen infiltriert. Es wurde geschrieen, geschossen und ich suchte Deckung in einem Schützenloch. Dann wurde der Lauf von einem deutschen Gewehr in mein Schützenloch gehalten. In diesem Augenblick erschien es, als wäre es völlig still. Vereinzelt gab es noch Gewehrschüsse in der Ferne. Ein ruhige Stimme fragte: `Wer ist hier der Kommandant?’ Ich sagte ihm, dass ich das wäre. Der deutscher Soldat wollte wissen, was wir vorhätten: Kapitulieren oder weiter kämpfen? Ich erzählte ihm, dass ich meine Männer auffordern würde, den Kampf zu beenden. Dies geschah und wir wurden gefangengenommen.“
Der Kampf um Lanzerath war damit zu Ende. Die Männer des Aufklärungszugs ließen ungefähr 60 tote und verwundete deutsche Fallschirmjäger hinter sich auf dem Schlachtfeld. 18 Stunden hatten die Männer von Leutnant Lyle Bouck jr. ein gesamtes Bataillon (knapp 500 Mann) vom Fallschirmjäger-Regiment 9 der 3. Fallschirmjäger-Division zurückgehalten. Erst als die Munition fast verbraucht war und der größte Teil der Männer verwundet war und sie ihr Funkgerät vernichtet hatten, entschloss sich Lyle Bouck jr. zu kapitulieren. Es gelang der kleinen Gruppe Soldaten, unterstützt von vier Soldaten der Beobachtungsgruppe des 371. US-Feldartillerie-Bataillons der 99. US-Infanterie-Division, die sich auch in Lanzerath befanden, fast einen ganzen Tag ihre Stellungen zu halten. Sie sorgten auch dafür, dass die deutschen Pläne für die Ardennenoffensive schon am ersten Tag völlig durcheinander geraten waren. Der Aufklärungszug wurde später wegen seiner Tapferkeit hoch dekoriert.
Quelle und mit freundlicher Genehmigung von: Marcel Vaessen/Hans J. Wijers