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Als die Kreise Eupen und Malmedy als Folge des Versailler Vertrages im Jahre 1920 zu Belgien kamen, gab es in diesem Gebiet fünf deutschsprachige Zeitungen:
die "Eupener Zeitung" (katholische Volkszeitung für Stadt und Land)
die "Arbeit" (Organ des Gewerkschaftsbundes und der Arbeiterpartei in Eupen)
"Der Landbote" (in Malmedy)
die "Malmedy-St.Vither Volkszeitung" (ehemaliges Kreisblatt - in St.Vith)
und die "Eupener Nachrichten"
All diese Zeitungen waren Belgien gegenüber mehr oder weniger feindlich eingestellt. Zumindest forderten sie die Durchführung einer geheimen Volksabstimmung, die Aufschluss darüber bringen sollte, ob die Bevölkerung der beiden Kreise nun zu Belgien gehören oder vielmehr nach Deutschland zurückkehren wollte. Weil General-Leutnant Herman Baltia, der damalige Königliche Kommissar und Gouverneur in den neubelgischen Gebieten, mit einem raschen Gesinnungswandel nicht rechnete, forderte er die Gründung deutschsprachiger, aber pro-belgisch eingestellter Presseorgane. So wurde im Jahre 1926 die V.o.E. "Union" gegründet, eine pro-belgische Vereinigung mit Sitz in Weismes, die sich die Förderung des Nationalbewusstseins der "Neubelgier" zum Ziel gesetzt hatte.
Unter anderem wurde die Gründung eines eigenen, zweisprachigen Informationsblattes zur "Umerziehung" der Neubelgier angestrebt. Am 4. Juni 1927 erschien, auf Initiative des Rechtsanwalts und ehemaligen Beraters von Baltia, Pierre Van Werveke, und unter Mitwirkung von Henri Michel - der Direktion und Hauptschriftleitung am 15.10.1927 übernahm - das Grenz-Echo. Dieser Titel war übrigens nicht neu, denn zwischen 1903 und 1914 war bereits in Welkenraedt eine Zeitung mit gleichlautendem Namen erschienen. Das Eupener Grenz-Echo wurde von zahlreichen probelgisch orientierten "Neubelgiern" unterstützt. Die ersten Ausgaben erhielten den Untertitel "Christliches Organ zur Förderung wirtschaftlicher Interessen der neubelgischen Gebiete".
Am 20. April 1929 wurde das Grenz-Echo Eigentum der Katholischen Partei, und von 1932 bis 1985 gehörte es der Vereinigung ohne Erwerbszweck "Action Catholique" in Verviers. Anfangs erschien das Grenz-Echo einmal wöchentlich. Beginn 1928 wurde es zur Halbwochenzeitung und Ende 1932 zur Tageszeitung. Das Grenz-Echo war die erste Zeitung in deutscher Sprache, die sich zum noch weitgehend ungeliebten, weil aufgezwungenen Vaterland und zur belgischen Politik bekannte. Die Ablehnung, die dem Blatt von vielen Seiten entgegenschlug, war damit schon vorprogrammiert. Alle übrigen deutschsprachigen Zeitungen, die damals im Gebiet von Eupen, Malmedy und St. Vith erschienen, setzten auf die Wiederherstellung der alten Grenzen und die Rückkehr nach Deutschland. Ein Wunsch, der auch teilweise in der Bevölkerung lebendig blieb.
Am 30. Januar 1933 kamen in Deutschland die Nationalsozialisten an die Macht. Diese nahmen sich in einer stets offeneren Art und Weise der für die Rückkehr nach Deutschland strebenden Kräfte an und provozierten damit eine harte Frontbildung, die in den Jahren vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges immer tragischer auf das tägliche Leben der Menschen einwirkte und sogar manche Familie in zwei Lager spaltete. Trotz einer aus dem Deutschen Reich mit Ideen und finanziellen Mitteln gelenkten massiven Propaganda, trotz der brutalen Art, mit der die Nationalsozialisten um jeden Anhänger kämpften, schlug die öffentliche Meinung immer mehr zum Vorteil des belgischen Lagers um. Am 24. April 1933 wurde das Grenz-Echo auf deutschem Reichsgebiet verboten. Mit Henri Michel, Dr. O.E. Mayer (Rabelais) und Kurt Grünebaum als freier Mitarbeiter in Brüssel, gehörte das Grenz-Echo zu den bestinformierten und freien Zeitungen im deutschsprachigen Raum.
Als am 10. Mai 1940 die deutschen Truppen in Belgien einmarschierten, musste das Grenz-Echo sein Erscheinen einstellen, Henri Michel flüchtete nach Brüssel, wurde aber dort verhaftet. Er überlebte die Kriegsjahre im Konzentrationslager Oranienburg-Sachsenhausen und kehrte, gesundheitlich sehr geschwächt, nach Brüssel zurück. In den Gebäuden des Grenz-Echos in der Klosterstraße erschien von 1940 bis 1944 der "Westdeutsche Beobachter" mit seiner Lokalausgabe "Eupener Beobachter".Nach der Befreiung der Kantone Eupen-Malmedy-St.Vith durch die Amerikaner und der Wiederherstellung der belgischen Staatshoheit erschien das Grenz-Echo erstmals wieder am 24. März 1945.
Die Ehefrau von Henri Michel, Madeleine Van Keer, hatte die Initiative für den Druck der Zeitung, gemeinsam mit Anna Opsomer-Michel, der Schwester des Direktors, ergriffen. Bis zur Rückkehr Henri Michels am 21. Mai 1945 hielten die beiden Frauen die Zügel in Händen. Das Grenz-Echo erschien als einzige Tageszeitung in Ostbelgien wieder sofort nach dem Krieg. Nun stellten die Nachkriegsjahre es vor neue äußerst komplizierte Probleme: Nachforschungen und Heimführung der noch in aller Welt verstreuten unzähligen ostbelgischen Landsleute im Soldatenrock, Problem der Säuberungsmaßnahmen, der sprachlichen Rechte der deutschsprachigen Minderheit des Landes... Konsequent setzte sich das Grenz-Echo für die Erhaltung der deutschen Sprache in Ostbelgien ein.