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Im Jahr 2010 nahm ich erstmals an der Gedenkfeier auf dem amerikanischen Friedhof in Henri-Chapelle, dem sogenannten Memorial Day, teil. Ich war von dieser Zeremonie derart beeindruckt, dass ich sofort beschloss auch im Jahr 2011 daran teilzunehmen. Die Berichterstattungen findet ihr ebenfalls auf meiner Webseite unter der Rubrik „Erkundungstouren, Berichterstattungen“ bzw. HIER. Da ich aus der Region komme und somit sehr zeitig am Ort des Geschehens war nutzte ich die Gelegenheit, vorab Bilder von den geschmückten Gräberreihen zu mache. Das Gesamtbild mit den kleinen amerikanischen und belgischen Fahnen an jedem Grab ist schon überwältigend. An einigen Gräbern sah ich dann auch Blumenschmuck, kleine Karten mit persönlichen Worten und sogar Fotos der Gefallenen.
Ich stelle mir allerdings die Frage, wer dahinter steckt und wieso eben nur vereinzelt Grabschmuck zu sehen ist. Nachdem ich mit einigen Leuten gesprochen hatte wurde mit zugetragen, dass jede Person ein Grab adoptieren kann bzw. eine Patenschaft hierfür übernimmt. Dies ist mit keinerlei finanzieller Verpflichtung verbunden, man kann allerdings eine kleine Spende geben. Für mich war schnell klar, dass ich solch eine Patenschaft für einen Soldaten, der unsere Gegend im September 1944 befreit hat, übernehmen werde.
Da ich oft am amerikanischen Friedhof vorbei komme und dann auch eine kleine Blume niederlegen kann (Nationalfeiertag, Memorial Day, usw.) stellt sich die Frage einer Verpflichtung für mich nicht. Nachdem ich mich bei mehreren Stellen über die Prozedur der Patenschaft informiert hatte, füllte ich ein entsprechendes Formular aus. Als „Wunschkandidaten“ gab ich dann an, im Idealfall eine Patenschaft über ein Grab eines GIs, der unsere Gegend mit befreit hat, zu erhalten.
Es verstrich etwas Zeit, als ich mit großer Freude Post erhielt. Dem Schreiben konnte ich entnehmen, dass ich die große Ehre habe die Patenschaft für das Grab von Pfc. William A. NEUDECKER der 1st Infantry Division (16 Reg.) zu übernehmen. Nun hatte ich schon mal den Namen und ein paar Eckdaten lagen dem Schreiben auch bei. Jetzt begann eigentlich der Hauptteil, die Recherchen zu den persönlichen Daten und dem Schicksal meines „Patenkindes“. Hierauf möchte ich dann später auf einer separaten Seite über die GESCHICHTE von Pfc. William A. NEUDECKER eingehen.
Da die vorgenannte Patenschaft auch mit einer entsprechenden Feier, bei der die Patenschaftsurkunden ausgehändigt werden, verbunden ist, konnte ich dem Schreiben entnehmen, das diese am 22. September 2011 um 9.30 Uhr auf dem amerikanischen Friedhof stattfinden wird. Da es sich um einen Donnerstag handelt, nahm ich mir kurzerhand frei, um an dieser Gedenkfeier teilzunehmen. Als Vorbereitung auf diese Feier habe ich dann auch noch ein kleines Plakat bzw. eine laminierte Din-A4 Seite mit einem Foto und den Kurzinformationen zu Pfc. William A. Neudecker angefertigt und einen Blumenstrauß besorgt.
Auf ging’s nach Henri-Chapelle. Wie es so in Belgien typisch ist, wurde die Zugangsstraße zum Friedhof kurzerhand von einer Baufirma an der Kreuzung in Henri-Chapelle gesperrt. Die Umleitung führte dann auf Umwegen und der Straße in Richtung Aubel folgend zum Friedhof. Das ergab sich allerdings als positiven Umstand, da ich 2 Beobachtungsbunker auf dem Weg dorthin erblickte (Fotos folgen). Am Friedhof angekommen konnte ich schon ersehen, dass zahlreiche Besucher und damit auch die entsprechende Anzahl an Autos vor Ort waren und die Parkplätze ausgereizt waren. Somit wurde ich auf das „heilige Grün“ gelotst. Zum Glück braucht mein Yaris nicht viel Platz ;-)
Im Anschluss hieran begab ich mich zum Eingang bzw. zum Büro, in dem sich die Paten für die Feier anmelden mussten. Auch hier war wieder eine lange Warteschlange angesagt und somit begab ich mich schon mal vor der Zeremonie zum Grab meines „Patenkindes“, um die Blumen niederzulegen und das vorbereitete Plakat um das Kreuz zu hängen. Schließlich sollten die interessierten Besucher der Gedenkfeier beim Vorbeigehen die Informationen zu Pfc. Neudecker lesen können. Dann ging’s zur Anmeldung. In der Reihe vor den Anwesenheitslisten tauschte ich mich mit verschiedenen Paten aus und traf u.a. auf den Schöffen der Gemeinde Sint-Truiden (B). Dieser erläuterte mir sein Geschichtsvorhaben, das in den nächsten 2 Jahren fertig gestellt wird.
In der Reihe kam dann etwas Unruhe auf, da einige der Namen in den Listen nicht aufzufinden waren und demnach auch keine Patenschaftsurkunde überreicht werden konnte. Meine Hoffnung war natürlich, dass mein Name auf dieser Liste steht und ich die Urkunde offiziell in Empfang nehmen kann. Glücklicherweise stand mein Name korrekt auf der Liste. Nach der Anmeldung ging ich dann runter zum Ort des Geschehens und machte dort ein paar Fotos von dem Dudelsackspieler, den Gästen, den patriotischen Vereinigungen, den politischen Vertretern und den verschiedenen Schülern.
Die Gedenkfeier begann dann zeitig und der Bag Piper führte die Gruppe an, die sich dann über die Treppe in Richtung Friedhof begab. Ich machte wieder von verschiedenen Standorten Fotos und konnte von der Brüstung aus die Zeremonie verfolgen. Wie am Memorial Day waren auch die patriotischen Vereinigungen zahlreich vertreten und hielten ihr Fahnen in den Händen. Ein Zeremonienmeister führte durch die Feier und der „Color guard“ der Amerikaner stand in Reih und Glied.
Ein Militärorchester untermalte immer wieder musikalisch das bunte Treiben. Der Veteran George Ciampa, 607th Graves Registration Company kam mit Mathilde Schmetz vom Remember Museum in Thimister zum Rednerpult und erläuterte, dass er damals mit seinem Unternehmen, die Bestattungen der toten amerikanischen Soldaten vorgenommen hat und sich somit die Erinnerung an die Bilder in seinen Kopf eingebrannt haben.
2 der zahlreichen Schüler richteten dann auch einige Worte der Dankbarkeit und des Mahnens an die Anwesenden bevor die Offiziellen, jeweils begleitet von 2 Schülern, die Niederlegung der Kränze vornahmen. Im Anschluss hieran schossen die Soldaten einen Ehrensalut und das Orchester gab sein Bestes dazu. Parallel hierzu konnte ich durch mein Objektiv beobachten, wie ein Trupp von Männern durch die Gräberreihen ging und immer wieder mit einem Handfeger über die weißen Kreuze gingen, um diese von letzten Verunreinigungen zu säubern.
Dann schließlich fing die Übergabe der Patenschaftsurkunden an. Auf Grund der zahlreichen Patenschaften, über 200 Stück, wurden die Paten gebeten, sich zu dem Schüler zu begeben, der den Buchstaben des jeweiligen Nachnamens in die Höhe hielt. Neben dem Schüler stand dann einer der Veteranen oder aber ein hoher Militär, um die Patenschaftsurkunde zu übergeben. Da meine Eltern glücklicherweise an diesem besonderen Tag für mich anwesend waren, hat mein Vater ein paar Bilder dieses Aktes für mich gemacht, danke an dieser Stelle ;-)
Als mein Name dann aufgerufen wurde ging ich dann hinunter zum Buchstaben K. Meine Urkunde über die Patenschaft über das Grab von Pfc. William A. Neudecker erhielt ich aus den Händen des Veteranen George Ciampa, 607th Graves Registration Company. Ein kurzer Händedruck mit den Worten THANK YOU und die Patenschaft war offiziell besiegelt. Die Urkunde umfasst einige Eckdaten von Pfc. Neudecker und die ihm verliehenen Auszeichnungen. Ich ging dann zu meinen Eltern zurück und beobachte die Zeremonie weiter.
Meine Freunde des Forts Tancrémont haben ebenfalls eine Patenschaft übernommne und so tauschten wir uns kurz aus. Als Abschluss des Patenschaftsfeier spielte das Orchester noch die Hymnen und die Gäste wurden eingeladen, sich zu den Gräbern des jeweiligen Soldaten zu begeben, um eventuell Blumen niederzulegen. Meine Eltern und ich begaben uns dann auch zum Grab meines „Patenkindes“. Dort angekommen sprach ich für mich ein kleines Gebet und erzählte meinen Eltern die Geschichte, die ich über Archive in den USA über Pfc. Neudecker herausgefunden hatte.
Da das von mir vor der Zeremonie angebrachte Plakat immer wieder Neugierige an das Grab lockte kamen wir immer mehr mit anderen Gleichgesinnten ins Gespräch. So kam es, dass man Adressen austauschte und sich gegenseitig Ratschläge gab. Unter anderem lernte ich Leute aus Schweden, Norwegen, den USA, Dänemark und Deutschland kennen, die sich ebenfalls für eine Patenschaft interessieren. Nachdem wir uns angeregt unterhalten hatten verließen wir dann den amerikanischen Friedhof und machten uns auf den Heimweg. Abschließend bleibt nur noch zu sagen, dass ich diese Patenschaftsfeier nur empfehlen kann und das Ziel der Verantwortlichen ist, eines Tages für jedes Grab auf den Friedhöfen in Henri-Chapelle, Ardennes und Margraten (NL) einen Paten zu finden.
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